Aus der Nordsee-Zeitung vom 11.06.2016
Langener wenden sich mit Schreiben an die Kreispolitiker – Zukunft der Schule noch offen
Von Kristin Seelbach
Langen. Wegen steigender Schülerzahlen hat sich der Landkreis gerade erst für eine Erweiterung des Langener Gymnasiums ausgesprochen. Den Eltern vor Ort geht dieser Schritt allerdings noch nicht weit genug. In einem Brief an die Kreispolitiker fordern sie jetzt die Einführung einer Oberstufe am Standort. Hintergrund ist – neben den hohen Schülerzahlen – auch der schwieriger gewordene Übergang von niedersächsischen auf Schulen im Lande Bremen, da beide Bundesländer unterschiedlich lange Schulzeiten haben.
Das Thema Oberstufe begleitet das Langener Gymnasium schon von Kindertagen an. Ursprünglich als Außenstelle des Kreisgymnasiums Wesermünde gegründet und 1975 schließlich eigenständig geworden, fehlte dem Gymnasium schon immer eines: die Oberstufe. Schulleiterin Isabella Grüninger kämpft deshalb bereits seit längerer Zeit für deren Einrichtung, warb in den vergangenen Monaten unter anderem in politischen Gremien des Kreises und der Stadt Geestland dafür.
Nun bekommt sie Unterstützung der Eltern. „Für uns stellt sich die Frage, ob im Zuge der derzeitigen Diskussion um die Erweiterung des Gymnasiums – die wir sehr begrüßen – nicht auch die Einführung einer Sekundarstufe II sinnvoll ist“, erklärt der Vorsitzende des Schulelternrats, Reinhard Raabe. In einem Brief, der der NORDSEE-ZEITUNG vorliegt, haben Raabe und die übrigen Elternvertreter ihr Anliegen formuliert und es den Politikern aus Kreis und Stadt zukommen lassen.
In dem Schreiben machen sie den Hintergrund ihrer Forderung deutlich. Da seien zum einen die steigenden Schülerzahlen – die im Schulausschuss am Montag bereits von der Kreisverwaltung bestätigt wurden. Diese gehen wiederum zurück auf die Bevölkerungszahlen in Langen. Denn diese steigen, dem demografischen Wandel zum Trotz. Mit inzwischen fast 550 Schülern und der Prognose, dass diese Zahl bis mindestens 2024 relativ konstant bleibe, kann es das Gymnasium Langen zudem mit Hemmoor und Cuxhaven aufnehmen, die wiederum Oberstufen haben.
Zweiter Aspekt, der vor allem für die Schüler interessant ist, die derzeit die Klassen 5 bis 8 besuchen, ist der Übergang zu einem Gymnasium in Bremerhaven. Ein Weg, den traditionell gut 90 Prozent aller Schüler aus Langen wählen. Allerdings ist Niedersachsen zum Abitur nach 13 Jahren (G9) zurückgekehrt, während die Bremer Schüler zwölf Jahre (G8) die Schulbank drücken müssen. Für die Langener bedeutet dies, dass sie die zehnte Klasse als so genannte Einführungsphase der Oberstufe im Land Bremen, wiederholen müssen, unabhängig von ihren erbrachten Leistungen.Realistische Einschätzung
„Für uns Eltern ist das ein entscheidender Faktor“, so Raabe, Vater einer Achtklässlerin an der Langener Schule. Deshalb sei es ihnen wichtig, dieses Thema erneut anzustoßen. „Gerade jetzt, wo über Erweiterung diskutiert wird. Aber wohl wissend, dass so etwas nicht von heute auf morgen geht“, betont Raabe.
Über die Zukunft des Gymnasiums entscheiden muss der Kreis als Schulträger. „Wir benötigen einen Auftrag der Politik, also einen Beschluss des Kreistags. Solange es den nicht gibt, werden wir nicht tätig“, erklärte Schuldezernent Friedrich Redeker auf Nachfrage. Sollte sich der – voraussichtlich neue – Kreistag für die Oberstufe entscheiden, wäre ein langer Verwaltungsprozess die Folge. „Es müssen Schülerprognosen erstellt werden, die Eltern werden befragt“, erläutert Bianca Schöneich, Sprecherin der niedersächsischen Landesschulbehörde. Es müsse zum Beispiel sichergestellt sein, dass die Oberstufe auf längere Sicht mindestens drei Klassen à 18 Schüler pro Jahr stellen kann. „Den vollständigen Antrag legt der Schulträger dann bei uns vor“, so Schöneich. Wie lange der anschließende Entscheidungsprozess dauere, könne sie allerdings nicht sagen. Dies sei individuell sehr verschieden.
Standpunkt von Kristin Seelbach „Politik ist am Zug“
Schülerzahlen, Babyboom und gutes Schulprogramm – dazu der problematische Wechsel zwischen den Ländern: Rein sachlich kann niemand ernsthaft gegen die Oberstufe für das Gymnasium argumentieren. Und da die Langener schon immer fast ausschließlich in Bremerhaven Abitur machen, sind auch die Sorgen der kreiseigenen Gymnasien vor Konkurrenz unbegründet. Die Seestadt könnte sich vielleicht Sorgen machen. Aber das steht auf einem anderen Papier. Die Kreispolitiker sollten sich um das Wohl ihrer Einwohner kümmern. Denn diese können von einer Oberstufe nur profitieren. Sie stärkt langfristig den Schulstandort Langen und damit den gesamten Kreis. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!